Ausgelöst durch einen Artikel am 10.06.2011 in Spiegel-Online, werden in verschiedenen Medien Informationen über unser Unternehmen und deren Kooperationspartner verbreitet, die in dieser Form äußerst irreführend sind. Der Autor wurde vor Verfassen der Nachricht auf die Komplexität des Sachverhalts sowie auf offensichtliche Fehler eines früheren Artikels im relevanten Kontext hingewiesen. Deswegen wurde mehrfach eine Klarstellung im persönlichen Gespräch angeboten. Dieses wurde mit Hinweis auf die "Aktualität des Themas" (=Spiegel-Redaktionschluss?) für später in Aussicht gestellt. Daher erfolgte zunächst eine völlig plakative Darstellung, die die Grenzen journalistischer Sorgfalt mindestens tangiert. Nach einer ausführlichen schriftlichen Erläuterung der Zusammenhänge wurde die zu Grunde liegende Nachricht in der Print-Ausgabe 24/2011("Innovativer Ansatz") wenigstens mit gemäßigtem Tenor dargestellt.
Nachfolgend bemühen wir uns um Klärung der wesentlichen Sachverhalte anhand der relevanten Textauszüge des oben genannten Beitrags:
1. „Ärzte sollen bewusst teure Medikamente verschrieben haben“
+ Hintergrund
- Medmedias arbeitet ausschließlich mit generischen mehr...
- Medmedias arbeitet ausschließlich mit generischen Pharmaunternehmen zusammen, d.h. solche, bei denen der Patentschutz ausgelaufen ist
- Generische Präparate sind quasi „per Definition“ günstige Präparate, deren Preise grundsätzlich deutlich unter den früher patentgeschützten „Originalpräparaten“ liegen
+ Konsequenzen
- Die Präparate der kooperierenden Pharmaunternehmen mehr...
- Die Präparate der kooperierenden Pharmaunternehmen sind keine teuren Medikamente!
Ergebnis
Die Überschrift ist zwar reißerisch, aber schlichtweg falsch und unseriös!
2. „Lässt der Arzt das aut-idem-Feld frei, kann und sollte der Apotheker eine billigere Variante des Wirkstoffs auswählen, sofern Packungsgröße, Wirkstärke und Einsatzgebiet identisch sind.“
+ Hintergrund
Für den Begriff „billig“ gibt es kein einheitliches Verständnis
mehr...Für den Begriff „billig“ gibt es kein einheitliches Verständnis; solche Präparate, die für eine Krankenkasse kostengünstig sind, können gleichzeitig für den Arzt oder auch den Patienten teuer sein:
- Kostengünstig für die Krankenkassen sind solche Präparate, über die ein sogenannter Arzneimittel-Rabattvertrag mit dem Hersteller abgeschlossen wurde; Ärzte sind in aller Regel als Vertragspartner nicht beteiligt (Beispielhaft Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz, S. 23), da deren Kondition nicht bekannt sind bzw. im Detail nicht bekannt werden sollen (AOK, S. 13); erst im Falle einer direkten Vertragsbeteiligung kann ein Arzt hinsichtlich der Kosten für Rabattpräparte entlastet werden
- Kostengünstig für Ärzte sind solche Präparate, mit denen das praxisindividuelle Richtgrößenbudget möglichst wenig belastet wird; hier spielt neben der Verordnungsmenge der Apothekenverkaufspreis (AVK) zunächst die entscheidende Rolle, bereinigt um eventuelle Zuzahlungsbefreiungen
- Kostengünstig für Patienten sind die Präparate, bei denen dieser beim Einlösen des Rezepts in der Apotheke möglichst wenig (genauer: nichts) zuzahlen muss
+ Konsequenzen
- Die Konditionen der Rabattverträgen liegen für den mehr...
- Die Konditionen der Rabattverträgen liegen für den Gültigkeitszeitraum fest; durch Preissenkungen der Mitbewerber während dieser Laufzeit ist es nicht unüblich, dass der für den Arzt relevante Apothekenverkaufspreis günstiger werden kann, als die Rabattpräparate der Krankenkasse; d.h. schon aus Wirtschaftlichkeitsgründen müsste er in diesen Fällen aut-idem ankreuzen!
- Die für den Patienten relevante Zuzahlungsbefreiung ist eine Kann-Option seitens der Krankenkassen; die Anwendung dieser Regelung ändert sich durchaus häufiger, so dass für ein Rabattpräparat z.B. zunächst keine Zuzahlung geleistet werden muss, später dagegen schon; für ein nicht-rabattiertes Präparat mit den formal gleichen Eigenschaften kommt es vor, dass der Patient dagegen keine Zuzahlung zu leisten hat! Auch für Patienten kann also ein nicht rabattiertes Präparat kostengünstiger sein!
- Für das Gesamtsystem entstehen sogar zusätzliche Kosten, da durch häufig wechselnde Präparate zusätzliche Konsultationen bei Haus- und Fachärzten ausgelöst werden!
Ergebnis
Generika, die für eine Krankenkasse „billig“ sind, sind noch lange nicht kostengünstig für Ärzte oder Patienten bzw. das Gesundheitssystem als Ganzes! Der Autor verfügt offensichtlich nicht über die zur objektiven Darstellung notwendige Sachkenntnis.
3. „Kreuzen Ärzte das aut-idem-Verbot an, verbieten sie den Austausch von Medikamenten“
+ Hintergrund
- Auf Grund der Vielzahl von Rabattverträgen mit mehr...
- Auf Grund der Vielzahl von Rabattverträgen mit sehr unterschiedlichen Regelungen (abhängig von Krankenkassen sowie Wirkstoff) können Ärzte keinen Überblick über die jeweils betroffenen Präparate haben; auch die Datenbanken der Praxissoftwaresysteme enthalten diese Informationen nicht
- Ein Arzt weiß daher i.d.R. nicht, welches Generikum sein Patient ohne das Ankreuzen von aut-idem erhält
- Falls eine Krankenkasse mehrere „gleichwertige“ Präparate im Rabattvertrag hat oder aber durch Auslaufen alter Verträge ein neuer Anbieter Partner einer Krankenkasse wird, erhalten Dauerpatienten (die den Großteil der Verordnungen ausmachen) häufig ein anderes, als das bisher gewohnte Präparat; hier müssen die Apotheken regelmäßig mit aufklärenden Gesprächen unentgeltlichen Aufwand für die Krankenkassen erbringen; dennoch bestehen dadurch gesteigerte Gefahren gerade bei älteren Patienten, dass die empfohlene Medikamentierung (Compliance) nicht beachtet wird
- Darüber hinaus sind bei der Zulassung von Generika Abweichungen im Bereich von -20 % bis + 25 % gegenüber der sogenannten Bioäquivalenz im Vergleich zum Originalpräparat zulässig, so dass die Wirksamkeit zwischen den Präparaten durchaus unterschiedlich sein kann
- Weitere kaum vorhersehbare Abweichungen hinsichtlich der Wirksamkeit können durch verschiedene Hilfs- und Füllstoffe hervorgerufen werden
- Die psychologischen Konsequenzen des Austausch eines vom Arzt empfohlenen Präparats wird häufig unterschätzt; hier handeln Patienten frei nach dem Motto: "Ich bekomme irgendein Präparat, von dem mein Arzt nichts weiß! Das lasse ich lieber mal weg..."; in anderen Fällen kann es zu Doppeleinnahmen kommen, da ja ein "neues" Präparat zu den bisherigen Medikamenten hinzukommt, deren Packung aber noch nicht aufgebraucht wurde
- Trotz allem ist ein Arzt aber für Nebenwirkungen oder daraus resultierenden Therapieproblemen im Fall der sogenannten Substitution haftbar
+ Konsequenzen
- Die Diskussion über die Problematik der Austauschbarkeit mehr...
- Die Diskussion über die Problematik der Austauschbarkeit wird stark davon geprägt, welchem Lager die sich jeweils äußernde Person zuzuordnen ist (Krankenkasse / Arzt / Pharmaindustrie / Patient)
- Nach einhelliger Meinung der Ärzte hat sich die Einnahmetreue der Patienten eindeutig durch die Rabattverträge verschlechtert; Abhilfe schafft (nicht nur) im Zweifelsfall ein konsequentes Ankreuzen von (nec) aut-idem
- In einem früheren Spiegel-Beitrag vom 31.01.2011 heißt es: „Für den Patienten ist dies kein Nachteil, weil der Wirkstoff des Medikaments ja der gleiche ist, egal, welcher Firmenname auf der Packung steht“
- Völlig im Gegensatz dazu steht eine Stellungnahme von Prof. Glaeske, Mitglied des Sachverständigenrates im Gesundheitswesen und in der Vergangenheit häufig eher positiv den Krankenkassen gewogen, welcher Anfang diesen Jahres eindrücklich vor den Folgen der Rabattverträge warnt
- Auch namhafteste Medizinrechtler warnen die Ärzte schon seit Jahren ausdrücklich vor den Gefahren dieser Situation und raten ausdrücklich zur Verwendung des aut-idem Verbots
- Mit Einführung der jüngsten Gesetzesänderungen (Arzneimittel Neuordnung – AMNOG) Anfang dieses Jahres haben sich diese Gefahren für Ärzte und Patienten noch verstärkt
Ergebnis
Die Haftungsproblematik der Ärzte im Rahmen von „aut-idem“ wird aus Sicht von Krankenkassen und Politik gerne verheimlicht. Beide Seiten tragen im Zweifelsfall auch nicht die Verantwortung. Hier fehlt seitens des Autors offensichtlich wieder das notwendige Hintergrundwissen oder einfach der Wille zur differenzierten Darstellung.
4. "Es werden keine Schmiergelder gezahlt, sondern legitime Verträge erfüllt"
+ Hintergrund
- Im Rahmen der zahlreichen Gesetzesänderungen der mehr...
- Im Rahmen der zahlreichen Gesetzesänderungen der letzten Jahre hat der Gesetzgeber die Einführung von Selektivverträgen und die Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen ermöglicht
- Selektivverträge stehen im Gegensatz zu den heute vorherrschenden Kollektivverträgen und regeln die Zusammenarbeit jeweils zwischen Teilsegmenten von Kostenträgern, ärztlichen Leistungserbringern (bzw. deren Vertretungen) und / oder Produktanbietern
- Durch die Nutzung der neuen Vertragsformen wird idealer Weise eine gleichzeitige Flexibilisierung, Qualitätssteigerung und Kostensenkung, meist mit regionaler Ausrichtung, angestrebt
- Zentrale Organisationsstrukturen für IV-Verträge bei den niedergelassenen Ärzten waren deren Praxisnetze, die meistens maßgeblich mit dem Ziel der Verbesserung der Behandlungsqualität durch Orientierung an modernen und einheitlichen Standards gegründet werden
- Nach Auslaufen der Anschubfinanzierung mit der Gesetzesreform im Jahr 2009 wurden die meisten IV-Verträge nicht mehr verlängert; ein zentrales Problem war dabei der Nachweis der Wirksamkeit mangels eines geeigneten Controllings
- Bei verschiedenen Vertragsformen müssen nicht zwingend Vertreter aus allen Segmenten des Gesundheitswesens vertreten sein; nach Ansicht von medmedias (und deren Anwälte) gilt dies auch für spezielle Rabattverträge nach §130a Abs. 8 SGB V
- Medmedias hat seine Verträge über mehrere Jahre von zahlreichen renommierten Kanzleien prüfen lassen und an neue Erfordernisse des Gesundheitswesens angepasst
+ Konsequenzen
- Die Finanzierung der auf die Verbesserung der mehr...
- Die Finanzierung der auf die Verbesserung der Behandlungsqualität ausgerichteten Arztnetze ist empfindlich geschwächt; mangels IV-Verträge ist der Betrieb von professionellen Netzwerkstrukturen alleine durch Mitgliedsbeiträge der Netzpraxen nicht möglich
- Aus Sicht von medmedias ist es durchaus möglich, Rabattverträge ohne Kostenträger mit Vertretern der Leistungserbringer abzuschließen; dies bildet allerdings nicht den Schwerpunkt der Zusammenarbeit mit Arztnetzen
- Medmedias vergütet Arztnetzen typischerweise Pauschalen bzw. Aufwandsentschädigungen für verschiedene Leistungen (Projektorganisation und –koordination insbesondere für Unterstützung bei Konzeption und Durchführung der Pharmakotherapiestandards, des Datenmanagements und für Werbemaßnahmen, Vergütungspauschalen für Datenlieferung, Sponsoring-Vorhaben, Banner u. Plakat-Werbung etc.)
Ergebnis
Medmedias arbeitet auf Basis umfangreich geprüfter Verträge mit Arztnetzen zusammen. Die Vergütung von erbrachten Leistungen hat nichts mit Schmiergeldern zu tun! Der Autor bedient hier ein klassisches Schwarz-Weiß-Klischee, welches sich aus journalistischer Sicht leichter „verkaufen“ lässt.