Freitag, 4. Januar 2013

Entwicklung des medmedias-Verordnungsindex

Bereits im Frühjahr 2012 wurde eine Studie von Prof. Dr. Sven Keller im Ärzteblatt veröffentlicht, die sich mit dem Thema Arztnetze und IV-Verträge beschäftigt. Interessierte Leser können die Zusammenfassung hier nachlesen. Alternativ können Sie eine ausführlichere Fassung direkt über das medmedias-Sekretariat anfordern. Wir senden Ihnen die Ergebnisse kostenfrei per E-Mail zu.

Eine weitere Publikation erfolgte kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift "Gesundheitsökonomie und Qualitätsmanagement" des Thieme-Verlags. Hier wurde in der aktuellen Ausgabe 5/2012 eine umfangreiche Studie von Prof. Dr. Sven Keller veröffentlicht, die als Originalarbeit eine mehrjährige Untersuchung des Verordnungsverhaltens in Arztnetzen auf Basis der medmedias-Daten darstellt. Details zur Quelle und Zusammenfassung können Sie unten stehenden Angaben entnehmen. Auf den Punkt gebracht lässt sich hier eindeutig belegen: medmedias-Netze verordnen wirtschaftlicher als der Bundesdurchschnitt sowie die Durchschnittspraxis der günstigsten KV. Eine Fortschreibung der Entwicklung im Segment der medmedias-Kooperationspartner können Sie dem unten stehenden aktuellen medmedias-Verordnungskostenindex entnehmen.

Das derzeit letzte abgeschlossene Quartal bildet in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Allerdings muss der Vergleich sich diesmal mit den GAmSi-Daten des 1. Halbjahres begnügen, da seitens der Krankenkassen noch keine aktuelleren Informationen vorliegen. Erkennbar ist allerdings bereits an den Juli-Daten einzelner KVen, dass die durchschnittlichen Verordnungskosten auch hier leicht zugelegt haben. Im für unsere Kooperation dominierenden Generika-Bereich beträgt der Bundesdurchschnittswert für den Apothekenverkaufspreis 23,77 €. Die günstigste KV Westfalen-Lippe meldet dagegen einen Mittelwert von 22,93 € (gemäß GAmSi-Daten Januar - Juni 2012; Datenstand vom 05.12.2012). Die Durchschnittskosten von Verordnungen der medmedias-Pharmapartner liegen im 3. Quartal bei lediglich 21,57 €. Die KVWL-Werte des insgesamt günstigeren 1. Halbjahres liegen also 6,3 % über denjenigen der medmedias-Kooperationen. Der Bundesdurchschnitt liegt somit sogar 10,2% darüber (siehe Abbildung 1).


Abbildung 1: Vergleich medmedias-Verordnungskosten Quartal III/2012 zu GAmSi-Daten 1. Halbjahr
(Stand: 10.12.2012)

Betrachtet man die zeitliche Entwicklung seit Veröffentlichung unseres ersten Verordnungskostenindex im 1. Quartal 2011, so zeigt sich zwar durchaus ein nennenswerter Anstieg der durchschnittlichen Verordnungskosten auch bei den medmedias-Partnern. Die entsprechenden Vergleichswerte von KVWL und Bund bewegen sich aber in der jeweiligen Periode mit nur geringen Schwankungen in nahezu gleichem Abstand darüber (Abbildung 2).


Abbildung 2: Entwicklung der Durchschnittskosten Generika

Eine wesentliche Ursache für diese Entwicklung ist die Tatsache, dass in den vergangenen 1 1/2 - 2 Jahren zahlreiche ursprünglich geschützte Präparate ihren Patentschutz verloren haben. Dabei handelt es sich teilweise um ehemals wichtige Blockbuster führender internationaler Pharmakonzerne. Namentlich sind dies vor allem die beiden Substanzklassen der Sartane sowie der Statine, die zwischenzeitlich zunehmend generisch verordnet werden. Diese haben auch als Generikum einen vergleichsweise hohen Preis, der mit relativ hohen Verordnungsmengen einhergeht. Da dieser Preis allerdings signifikant unter dem ursprünglich patentgeschützten Original liegt, haben Praxen, die frühzeitig auf ein adäquates Generikum umsteigen, die Möglichkeit bestehende Einsparpotentiale optimal zu nutzen. Da es sich hierbei auch um kritische Substanzen handelt, ist gegebenenfalls auch der in diesem Fall medizinisch wichtige Ausschluss der Substitution durch Rabattverträge zu bedenken, wenn nicht gar zwingend notwendig.

Montag, 24. September 2012

Sparzwang für alle im Gesundheitswesen und ihre Auswirkungen

Gerechtigkeit und Gleichbehandlung, die Verbriefung von Grundrechten sind wesentlicher Bestandteil  eines demokratischen Rechtssystemes. Insofern hat dieser Grundsatz selbstverständlich auch im Gesundheitswesen und in den Sparbemühungen aller Tätigen in diesem Bereich Geltung. Wenn wir  uns aber die Realität ansehen, so klafft dieser Anspruch weit von der Wirklichkeit auseinander.

Ärzte erhalten eingefroren 1.25 Prozent mehr an Gesamtvergütung von 2010 bis 2012. Die versprochene Morbiditätsanpassung wurde einkassiert. Sozialkonforme Enteignung mit genau ausgeklügeltem Sozialmobbing kann man dieses Vorgehen nennen. Wie es scheint, gibt es hier keine Parteigrenzen mehr, denn egal welche Regierung man gewählt hat, das Verhalten gegenüber uns Ärzten erscheint gleich.

Montag, 10. September 2012

DAK Anschreiben: Aut-idem

Man  ist gebeutelt. Es gibt die GAMSI Daten, immer neue Quoten müssen erreicht werden um nicht in irgendeine Prüfungsmühle rein zu geraten. In diversen in Deutschland umlaufenden Anschreiben an Vertragsärzte moniert die DAK nun zum einen zu hohe Nec aut idem Quoten, andererseits zu hohe Werte für Sartane versus ACE Hemmer. Im Medikamentencheck prüft die AOK und sieht Wirtschaftlichkeitsreserven, wobei aber DDD Werte inkorrekt Anwendung finden. Siehe hierzu Artikel Isabel Kuhlen in der Medical Tribune.

Es gäbe keine Prüfungsgefahr wird immer gesagt. Die, die es aber trifft, gehen mit Pauken und Trompeten unter. Auch die derzeitige Gesetzesinitiative hat hier noch nicht zu einer Entlastung geführt, denn die Prüfungseinrichtungen prüfen und vollstrecken trotzdem lustig weiter.

Lustig ? Nicht wirklich!

Freitag, 22. Juni 2012

Aufatmen der Kassenärzte: Weder Amtsträger noch Beauftragter der Krankenkassen

Heute wurde das seit langem mit Spannung erwartete Urteil des Obersten Senats des BGH zur Rechtsstellung des Arztes veröffentlicht. Seit über einem Jahr diskutierten die Richter dieses Gremiums darüber, ob Ärzte künftig Amtsträger oder doch wenigstens Beauftragte im Sinne der Krankenkassen sind.

Nachdem es lange Zeit so aussah, dass Ärzte zumindest als Beauftragte der Krankenkassen gelten würden, kommt die heute veröffentlichte gegenteilige Entscheidung für zahlreiche Beobachter dieser grundlegenden Rechtsdiskussion durchaus überraschend: Ärzte sind weiterhin weder Amtsträger noch Beauftragte. Liest man die Begründung dieser Entscheidung und deren stringente Eindeutigkeit, so überrascht eigentlich mehr, wieso eine solche Diskussion in juristischer Sicht überhaupt entstehen konnte.

Insgesamt schwelt vielmehr über der gesamten Problematik eine seitens zahlreicher Medien mit großer Publikumsreichweite immer wieder geschürte Diskussion über eine angeblich quasi durchgängige Korrumpiertheit des gesamten Gesundheitssystems. Die Berichterstattung zu diesem Thema ist aber nicht selten von mangelnder Sachlichkeit geprägt. Im einfacheren Fall beherrscht Unkenntnis die Darstellung. Nicht selten aber kennzeichnet tendenziöse Berichterstattung die Sachlage, indem wichtige Informationen für Laien einfach weggelassen und Konsequenzen für die Behandlungsqualität schlichtweg ignoriert werden. Dies gilt auch für die bereits heute veröffentlichten Kommentare zur Entscheidung des Obersten Senats.

Im Gegensatz zu den medialen „Berichterstattern“ müssen Ärzte ständig im problematischen Zielkonflikt zwischen Sicherstellung einer hohen Behandlungsqualität für den Patienten und möglichst günstigen Behandlungskosten im Sinne der Krankenkassen (und natürlich auch wieder der Patienten im Sinne von Sozialversicherungsbeiträgen) entscheiden. Bei einer Entscheidung für (kosten-) aufwändige Behandlungsverfahren schwingt in der Berichterstattung häufig der Vorwurf der Korruption mit. Außerdem drohen den Ärzten auch noch empfindliche Regeressforderungen seitens der Krankenkassen, wie bezeichnender Weise ein uns auch gerade heute wieder kommunizierter Fall deutlich vor Augen führt. Besonders interessant an diesem heutigen Fall ist (wie auch schon bei anderen in der Vergangenheit): die Argumentation des Regresses fundiert auf unvollständigen und schlichtweg falschen Daten, gegen die ein Arzt oft nur mühsam und aufwendig argumentieren kann. Beim Auftreten therapeutischer Probleme, deren Häufigkeit mit günstigeren Behandlungsverfahren korreliert, wird dem Arzt dagegen mangelnde Verantwortung vorgeworfen.

Die immer wieder betriebene Schwarz-Weiß-Malerei ist für die Beschreibung der Sachlage schlichtweg destruktiv. Sie hat allerdings für die Berichterstatter einen zentralen Nachteil: sie wäre für den Leser eher langweilig und damit nicht medienwirksam. Die ganz offenkundige Positionierung möglichst reißerischer Schlagzeilen ausdrücklich zu Lasten einer seriösen journalistischen Hintergrundrecherche haben wir nicht zuletzt im eigenen Fall erlebt („… Sie müssen verstehen, dass angesichts der Aktualität des Themas dazu leider die Zeit fehlt.“; Anmerkung: gemeint war die fehlende Zeit eines Spiegel-Mitarbeiters für ein mehrfach unsererseits angebotenes Interview vor Veröffentlichung). Offensichtlich war die Sorge zu groß, dass die vermutete „Skandal-Story“ von einem anderen „Enthüllungsjournalisten“ früher veröffentlicht würde. Dahinter zurück stehen musste die gebotene Selbstverständlichkeit, sich objektiv und sachlich mit einem komplexen Thema auseinanderzusetzen. Hier handelte man lieber frei nach dem unter Journalisten bisweilen selbstironisch kolportierten Motto: „Ich habe doch schon meine Meinung – stört mich bloß nicht mit den Fakten!“. Aus journalistischer Sicht wohl eher bedauerlich erwies sich die „Skandal-Story“ doch eher als Zeitungsente, da nicht einmal der vermutete Tatbestand als solcher gegeben war. Würde ein Arzt ein solches Verhalten an den Tag legen, wären die Konsequenzen für den Patienten ggf. fatal, u.U. sogar lebensbedrohlich. Auch wäre seine Approbation – zu Recht – gefährdet. 

Bei ähnlichem Fehlverhalten von Journalisten besteht dagegen eine noch viel geringere Chance, Konsequenzen und Sanktionen für Fehlleistungen zu einzufordern, als bei Ärzten. 

Die Forderung nach verantwortlicher Berichterstattung würde als versuchte „Zensur“ in allen Medien widerhallen. Lieber versteht man sich als unabhängiger Mahner für Moral und Gerechtigkeit. Deren Regeln möchte man allerdings doch lieber selbst definieren. Typisch ist daher auch heute die in der Presse dominierende Kritik an der veröffentlichten Entscheidung des Obersten Senats. Nicht über die Besonderheit des Patienten-Arzt-Verhältnisses und die Gefahr einer möglicherweise primär Kosten getriebenen Behandlung im Falle eines Amtsträgers oder Beauftragten wird in berichtet. Dabei prägt dies quasi durchgängig die Begründung der Senats - Entscheidung. Nahezu unisono fokussiert sich die Presse auf den quasi letzten Absatz der Urteils-Begründung. Danach müsste der Gesetzgeber potenziell sicher vorhandene Korruption im Gesundheitswesen anderweitig regeln. Die Senats-Entscheidung wird quasi als Freifahrtschein für Korruption dargestellt. Geflissentlich „übersehen“ werden längst existierende Regelungen z.B. im Rahmen der Musterberufsordnung, bei denen Ärzten die Approbation entzogen und damit die Tätigkeit verweigert werden kann.

medmedias verurteilt ausdrücklich die Bevorzugung von Behandlungsverfahren, wenn diese nicht medizinisch begründet werden können. Gerade unsere Pharmako­therapieprojekte in Arztnetzen zeigen deswegen, dass hohe Behandlungsqualität und niedrige Therapiekosten sich nicht ausschließen müssen. Der quartalsweise veröffentlichte medmedias-Verordnungskostenindex belegt diesen Sachverhalt bereits seit Jahren. Es wäre ausdrücklich wünschenswert, wenn auch Kostenträger dies anerkennen und diesbezüglich offen mit der Ärzteschaft kooperieren würden.

Angesichts des heutigen Urteils freuen wir uns weiterhin auf eine zukunftsgerichtete und nachhaltige Zusammenarbeit mit unseren Netzen und den dazugehörigen Praxen. Dies gilt ebenso für Partner aus der Industrie zur Unterstützung von innovativen Projekten, deren Beteiligung nicht erst das AMNOG (Arzneimittelmarkt­neuordnungsgesetz) von 2011 fordert. 

Bei eventuell mittelfristig zu erwartenden Neuregelungen des Handlungsraumes ärztlicher Freiberuflichkeit bleibt zu hoffen, dass sich der Gesetzgeber nicht von populistischer Medienschelte leiten lässt. Dem konnte das hohe Richter-Gremium des Obersten Senats des BGH offensichtlich widerstehen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass künftige Arztgenerationen aus Angst vor nahezu unvermeidlichen Strafen ihre persönliche Berufung, anderen helfen zu wollen, hinten anstellen. Ein von Ärztemangel geprägtes Gesundheitssystem ist immerhin wieder ein Skandal-Thema, dass bereits heute en vogue ist. Fraglich ist, ob der Preis für die Rolle des Patienten, also alle Bürger, nicht dafür deutlich höher ist, als alle Hochrechnungen zur Korruption im Gesundheitswesen.